Konzept

24 Stunden für alle

Das Konzept "Kunst ist für alle da" will Kunst und Künstler an anderen Orten als den etablierten präsentieren und nicht zuletzt Berührungsängste abbauen.

In einer gut sortierten Enzyklopädie fände man 24-Stunden-Ausstellungen vermutlich in der Kategorie "Dinge, die man nicht erklären kann, sondern erleben muss". Denn 24-Stunden-Ausstellungen sind anders. Sie sind nicht bemüht anders wie ein Restaurant, das sich von der Konkurrenz abheben will, oder wie eine Stadt, die krampfhaft nach einem Alleinstellungsmerkmal sucht, einer Unique Selling Proposition. Sie sind auch nicht virtuos anders wie ein Kurator, der den Trends des Kunstbetriebs immer einen Schritt voraus ist. 24-Stunden-Ausstellungen sind anders, weil sie all diese Kämpfe und Eitelkeiten nicht nötig haben.

24-Stunden-Ausstellungen entstehen nicht am Reißbrett auf halben Weg zwischen Direktion und Marketingabteilung. Sie machen sich weit größere dynamische Prozesse zu Nutze, sie moderieren das Potential einer kreativen Masse, anstatt auf den Genius einzelner Bevollmächtigter zu setzen. Zufälle kuratieren ebenso mit wie die Einfälle aller Beteiligten. Die Macher der Schau bleiben im Hintergrund. Richtungen geben sie nur zaghaft vor, in erster Linie organisieren und schaffen sie Freiräume.

Am Anfang steht oft ein Eindruck, ein Erlebnis, ein Gefühl. Zur Ausstellungsidee muss dann ein passender Ort gefunden werden. Anschließend werden Künstler zu Ortserkundungen und Frühstücken eingeladen, wobei "Künstler" bewusst weit gefasst wird, einen Akademieabschluss muss niemand vorweisen. Nach und nach nimmt die Ausstellung Konturen an. Work in progress bis zur letzten Sekunde (und mitunter darüber hinaus).

Die erste  24-Stunden-Ausstellung, "Gefährliche Habenichtse", veranstalteten die Künstler Thomas Matthäus Müller, Andreas Tauber und Harald Alff 1993. Die ortlose und nichtkommerzielle GalerieRieRiemann führt die Idee bis heute in wechselnder Besetzung weiter.

Text: Hendrik Pupat

Plakat zur ersten 24-Stunden-Ausstellung 1993